Irgendwie mag ich Musik. Und irgendwie auch gar nicht.
Ich kann es nicht leiden, Musik im Hintergrund zu höre. Das lenkt mich ab und macht es mir schwer mich zu konzentriert. Es wird sehr anstrengend, Gesprächen zu folgen. Ich kann nicht selektiv hören und meine akustische Aufmerksamkeit nur auf das richten, das ich hören will. Das ist keine Frage der Intelligenz oder der Konzentrationsfähigkeit allgemein. Das ist eine Folge meiner Schwerhörigkeit.
Aber fast genauso wenig, wie ich Hintergrundmusik mag, mag ich es, nichts anderes zu tun, als Musik zu hören. Mir wird langweilig. Insbesondere klassische Musik erschließt sich mir nicht. Harfen sind schrecklich (ich höre nur die Hälfte der Töne). Kontranbasse sind für mich, auch wenn ich sie irgendwie ganz hübsch finde, eine Platzverschwendung (ich höre sie nicht). Der Grund dafür: Hörgeräte sind nur auf einen ganz bestimmten Tonumfang ausgerichtet. Den der Sprache eben. Aber Musik, insbesondere die Klassische, umfasst einen viel größeren Bereich. Den höre ich nicht.
Ein interessantes Experiment für mich ist, Musik ohne Hörgeräte zu hören. Denn auch wenn ich so alles viel leiser und auch verzerrt wahrnehme – manchmal höre ich tatsächlich mehr. Das sind ironischerweise meist die Bässe. Ironischerweise deshalb, weil ich eine Tieftonschwerhörigkeit habe, d.h. ich höre tiefe Töne besonders schlecht. Aber wenn es recht laut ist, so ab 80/90 Dezibel, höre ich es dann irgendwann doch. So höre ich plötzlich etwas, dass es normalerweise nicht durch die Hörgeräte schafft. Die halten Bässe nicht für notwendig – stimmt ja auch irgendwie, man braucht sie nicht für’s Sprachverständnis. Deshalb werden sie nicht verstärkt.
Um diesen vermeintlichen Widerspruch zu verstehen, muss man wissen, wie Hörgeräte funktionieren. Das eigentliche Hörgerät ist hinter dem Ohr. Dort wird der Schall mit kleinen Mikrofonen aufgenommen und entsprechend verstärkt. Weiter geht der Schall durch ein kleines Schläuchchen und das Ohrpassstück in den Gehörgang. Das Ohrpassstück sitzt passgenau und schalldicht in der Ohrmuschel, damit der Schall vom Hörgerät auch wirklich an der richtigen Stelle ankommt. Man kann sich in diesem Kontext Hörgeräte und Ohrpassstücke ein bisschen wie Hightech-Ohrenstöpsel vorstellen. Es kommt wahnsinnig viel Schall im Ohr an. Aber gar nichts von dem, was das Hörgerät nicht verstärkt.
Im Alltag bemerke ich das nicht. Ich kann gut Sprache verstehen und mich selber problemlos mitteilen. Aber beim Musikhören stelle ich fest, dass sich mir einiges der hörenden Welt dann doch nicht erschließt.
Trotzdem – irgendwie mag ich Musik. Ich singe sehr gerne. Töne zu unterscheiden ist dabei keine Stärke von mir und meistens versuche ich deshalb, meine Umwelt mit meinen Gesangskünsten zu verschonen. Außer in der Kirche – Nächstenliebe und so. Da müssen meine Mitmenschen mich schon ertragen.
Und im Tanzen habe ich meinen persönlichen Zugang zur Musik gefunden. Fragt man mich nach meiner Lieblingsmusik, so antworte ich meistens: „Alles, worauf ich tanzen kann“ Beim Tanzen bin ich glücklich, ich fühle mich frei und kann je nach Musik unterschiedliche Rollen oder Stimmungen annehmen. Ich fühle mich ganz bei mir und kann innerlich zur Ruhe kommen. Am Ende bin ich erschöpft und glücklich.
Deshalb mag ich Musik.